The Mexican und Aufrufe im Radio


Nachdem wir von unserem Autotrip nach Monticello „heimgekehrt“ waren und Tines Lunge in der Nachuntersuchung gut aussah, wollten wir dann doch weiterziehen. Radeln war noch nicht angesagt, denn für die Heilung war noch zu wenig Zeit ins Land gegangen. Also stellten wir uns mit Sack und Rad an die Straße und streckten den Daumen in die Luft. In Europa wäre mit Fahrrädern und diversen Gepäckstücken per Anhalter fahren ein milder Scherz – wer könnte uns dort schon aufgabeln? Hier jedoch fahren genügend Pickups herum. Soweit die Theorie, denn letztendlich standen wir 3 h an der Gasse, bis ein Pickup drehte und uns mitnahm. Nur, dass es nicht einmal ein Amerikaner, sondern ein Mexikaner war; stilsicher mit Cowboyhut (wir hatten bereits in Mexico festgestellt, dass dort mehr Cowboyhüte als in den USA getragen werden). Der gute Mann kam direkt aus Mexiko gefahren, saß bereits 14 h im Auto und war auf dem Weg zu einer Party in Grand Junction… Weshalb auch nicht?! Nach ca. 80 Mi ließen wir uns von ihm vor der Auffahrt zur Interstate quasi mitten in der Wüste absetzen. Soweit, so gut. Fragte dann nicht Tine kurz nachdem er weggefahren war: „Wo ist denn mein Center  (so nennen wir unsere Lenkertaschen)“? Nach kurzem Durchschauen unserer Taschen konnten wir nur das Fehlen eben jener Tasche notieren. Dazu sei erwähnt, dass darin unsere wichtigen, persönlichen Dokumente sowie Kameras transportiert werden. Kurz, die Panik griff um sich, irrationales Verhalten seitens Tine machte sich breit: Beinahe wäre sie vor ein Auto gesprungen, um es anzuhalten, einzusteigen und die Verfolgung des Mexikaners aufzunehmen. Sie beruhigte sich aber wieder, und ich auch. Da wir uns während der Fahrt ausgiebig mit unserem Fahrer unterhalten hatten, wussten wir über seine Pläne genauestens Bescheid: um 16:00 Uhr wurde er zum Essen erwartet, später wird gefeiert. Im Gegensatz zu Parties in Mexiko – so seine Einschätzung – wird in den USA bereits gegen 23:00 Uhr oder a bisserl später die Feier beendet. Er wollte nur kurz schlafen und bereits gegen 5 oder 6:00 Uhr zurück nach Mexiko starten. Also schlug ich vor, einfach an Ort und Stelle zu bleiben und auf ihn zu warten. Glücklicherweise konnten wir uns unter die Autobahnbrücke in den Schatten flüchten, denn die Sonne brannte erbarmungslos auf uns herab. In der nahe gelegenen Tanke versorgten wir uns mit Kaffee und Wasser. Abends dann starteten wir eine lange Reihe von Uno Spielen und hockten wie die Penner unter der Brücke. Mit dem Schlafen wechselten wir uns ab. Und dann, pünktlich um kurz vor acht am nächsten Morgen bog der gute Mexikaner mit seinem Gefährt auf unsere Gasse ein, hält, übergibt die Tasche und macht uns glücklich! Was ne Uffreeschung!

Wir stellten uns wiederum, nun komplett, an die Straße und hielten den Daumen raus. Zwei weitere Mitfahrten brachten uns bis kurz vor Salt Lake City. Dabei machten wir 160 Mi gut. Dann fuhren wir einen Tag lang Rad, um nochmals per Anhalter zu fahren. Schließlich lud uns Greg mit zu sich nach Hause ein, drückte uns direkt eines seiner Autos auf und schickte uns zum Gegend erkunden damit los. Wir blieben dann zwei Nächte bei ihm, am zweiten Tag wurde ich genötigt seinen ´65er Ford Mustang (der erste Mustang) Probe zu fahren. Ich ließ mich sofort, direkt und spontan überzeugen. Tines erster Spruch als ich losfuhr („Aber nicht so schnell, ok?!“ ) provozierte ein lautes Aufheulen des 290 PS-Motors und verängstigte sie vielleicht ein bisschen mehr. Insgesamt kann ich sagen, dass sie angespannt wirkte. Seltsam, ich bin echt brav gefahren, ehrlich.



Greg versuchte dann, einen Transport für uns zu organisieren. Nachdem er bei Bekannten kein Glück hatte, rief er kurzerhand beim lokalen Radiosender an. Dort schilderte er unsere Geschichte und bat um einen Radioaufruf, um einen Transport für uns zu finden. Das war echt witzig, kam aber nichts bei rum. Also wieder an die Straße gestellt und es ging auch schnell weiter. Bis Alpine, zwei sanfte Tagesritte vom Grand Teton National Park entfernt, fuhren wir per Anhalter. Von dort konnte es endlich wieder per Rad weitergehen.

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