Die Räder stehen still

Auf unserem Weg hier nach Cuernavaca hatten wir noch die ein oder andere frostige Nacht, aber insgesamt ist es nun deutlich wärmer geworden. Schon seit dem 19.12. sind wir hier in der Wohnung von Rodrigo, einem mexikanischen Radler, den wir vor Wochen auf der Baja California trafen.

Der Tag, an dem wir hier eintrafen, war kein besonders guter. Zuerst mussten wir verrückt früh aufstehen, da Matze mit den Jungs von der Tankstelle abgemacht hat, dass wir gegen 7:00 Uhr verschwinden werden (bevor der Chef kommt). Es war mal wieder ordentlich frostig, dennoch haben wir in Rekordschnelle bei -5 °C alles eingepackt und uns auf den Weg gemacht. Die 4-spurige Straße hatte wie schon am Vortag keinen wirklichen Seitenstreifen, was uns mal wieder ordentlich gestresst hat.

Recht bald kamen wir nach Toluca, die erste Stadt heute, in der wir unseren Weg finden mussten. Die Beschilderungen der Mexikaner sind etwas eigen, und selbst Mexikaner finden, dass es in der Hinsicht kein System gibt. Wenn man also Wegweiser sieht, dann am besten gleich etliche hintereinander, die aber unterschiedliche Orte angeben und gerne auch mal widersprüchlich sein können. Nun gut, Weg erstmal gefunden, bis zum etwas kleineren Städtchen Tenango.

Auf unserer Karte gab es nur eine größere Straße, von Nord nach Süd, mit einer Abzweigung nach Osten in diesem Ort. Genau diese Straße wollten wir gerne nehmen. Da wir nun einmal durch die gesamte Stadt gefahren waren, ohne ein Hinweisschild für unser geplantes Ziel, haben wir an einer Tankstelle mal einen Polizisten gefragt. Nun ja, unser Gefühl sagte uns, dass wenn jemand bei einer Frage nach dem Weg anfängt, 10 Minuten lang etwas zu erzählen und dabei immer wieder in unterschiedliche Richtungen zeigt, diese Person vielleicht selbst nicht so sicher ist, wo's langgeht. Also eine zweite Meinung eingeholt: ähnlicher Ablauf, jedoch wurden uns am Ende 2 mögliche Optionen mitgeteilt. Für beide hätten wir allerdings ein gutes Stück aus der Stadt rausfahren müssen, was mit der Karte so gar nicht übereinstimmte. Wir entschieden uns trotzdem dafür, ein ganzes Stück wieder zurückzufahren, holten aber auf dem Weg noch eine dritte Meinung ein. Dieses Mal von einem Taxifahrer, die sich ja meist recht gut auskennen. Dieser antwortete auch prompt und souverän in ein paar Worten und schickte uns nur ein paar Straßen weiter (wieder zurück), wo wir dann nach links abbiegen müssten. Die Kürze der Antwort und unser Gefühl ließen uns entscheiden, dass wir es mit dieser Straße versuchen sollten. Und siehe da: er hatte recht, und wir sind genau die Straße gefahren, die wir fahren wollten.

Es ging lange durch Felder und viele kleine Dörfer. Bei einer Mittagspause haben wir unser Zelt ausgepackt, um es trocknen zu lassen, und waren erstaunt, dass wir darin noch Eis vom Morgen gefunden haben. Mittlerweile war es ja schon eine ganze Weile recht warm.

Wir haben schon öfter darüber gesprochen, dass wir hoffen, dass nicht einmal wegen uns ein Unfall passiert. Grund dafür ist einfach, dass viele Leute uns wie hypnotisiert hinterherstarren, wenn sie uns mit den Rädern sehen. An diesem Tag ist leider genau so etwas passiert. In einer Rechtskurve, es war gar nicht viel Verkehr, kam ein Auto von hinten, hat entweder kurz gebremst oder ist vielleicht einfach nur vom Gas gegangen, und der hinter ihm fahrende Motorradfahrer hat ordentlich gebremst (unserer Meinung nach war der wohl auch ziemlich schnell). Er hat dabei den Lenker verrissen und es hat ihn ordentlich über die Straße geschleudert. Das alles konnten wir im Rückspiegel beobachten. Der Autofahrer fuhr weiter, wir haben angehalten, um nach dem Mann zu sehen, der nun reglos mit Gesicht nach unten, natürlich ohne Helm, auf der Straße lag. Das war eine ziemlich furchtbare Situation, da wir uns so hilflos fühlten. Es hielten gleich auch noch andere Autos an, und irgendwie wurde die Familie des Mannes kontaktiert. Wir wollten den Leuten bedeuten, doch einen Krankenwagen zu holen, konnten aber nicht genau verstehen, was deren Pläne waren. Vermutlich ist so ein Krankenwagen hier auch überhaupt nicht bezahlbar für die Landbevölkerung. Wir haben uns dann etwas zurückgehalten, während andere das Unfallopfer tatsächlich wieder auf die Beine brachten. Im Schock setzte der sich dann wieder auf sein Moped und wollte losfahren.... Letzten Endes kamen Leute, wohl Familienmitglieder, mit einem Pick Up, die dann das Moped auf- und den verletzten Mann in das Auto luden und davon fuhren. Zum Glück ist am Ende alles einigermaßen gut ausgegangen, aber meine Fresse, das war ein ganz schöner Schock für uns.

Etwas angeschlagen und in einer seltsamen Stimmung fuhren wir weiter. Leider erwarteten uns noch ein paar ordentliche Berge, die wir so gar nicht eingeplant hatten. Wir erreichten auch den bisher höchsten Punkt auf unserer Route mit 3.200 Metern über Meeresspiegel. Es war wunderschön in diesem Gebiet, allerdings wegen der ganzen Vorkommnisse schon recht spät, so dass wir wenig Zeit hatten, den tollen Kiefernwald, Seen und schöne Aussichten zu genießen. Dann ging es irgendwann bergab, und zwar richtig. Ich glaube es waren über 10 km, in denen wir mehr oder weniger ständig bremsten. Das war wirklich Wahnsinn, und ich habe größten Respekt und auch Mitleid für die armen Radler, die diese Strecke andersrum fahren...

In Cuernavaca angekommen mussten wir noch eine Weile nach der Wohnung suchen und haben dabei wieder nette Bekanntschaft mit den sehr hilfsbereiten Mexikanern Martha und Diego gemacht, die uns für 2 Stunden zu sich einluden und mit Kakao und Gebäck umsorgten. Muchas gracias!

Seit unserer Ankunft haben wir hier schon viel erlebt. Rodrigo hat uns Cuernavaca gezeigt, mit uns einen tollen Ausflug nach Xochicalco (alte Stadt mit Tempelanlagen in den Bergen), zu riesigen Höhlen und nach Taxco, einer verwinkelten, alten Silberstadt, gemacht. Außerdem sind wir mit dem Bus nach Mexiko Stadt gefahren, um uns dort etwas umzuschauen und das Anthropologische Museum zu besuchen.

Weihnachten haben wir zu zweit verbracht, uns lecker was gekocht und einen entspannten Abend gehabt. Leider hat Matze am 25. Fieber bekommen, dann noch Durchfall, und jetzt eine Erkältung. Deshalb fahren wir morgen mal wieder mit dem Bus weiter nach Oaxaca, um dort Sylvester zu feiern. Mit den Rädern würden wir die 450 km nicht mehr pünktlich schaffen, außerdem ist Matze ja noch nicht fit.

So, lange Rede, kurzer Sinn: wir wünschen Euch allen einen Guten Rutsch und alles Gute für das kommende Jahr!
Schilderdschungel auf Mexikos Straßen

Kommentare

  1. Hey Ihr 2!
    Wir wünschen Euch eine gute Besserung und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
    Liebe Grüße,
    Svenja

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts